Das Kleine kann auch das Große sein. Sicher, Schubert wallt leidenschaftlich. Spielt man ihn vierhändig, dann weht der Hauch der romantischen Salons durch den Raum, samt seiner Anforderungen an den schillernden Virtuosen, der in Anbetracht bildungsbürgerlichen Leistungsbewusstseins in möglichst jeder Hinsicht Höchstleistungen zu vollbringen hat, als Hüter geschmeidiger Geläufigkeit, als Künder des kunstevozierten Pathos’, als Souverän der wohltemperierten Innerlichkeit. Elisabeth Leonskaja und Martin Nöbauer haben Spaß an den Herausforderungen vierhändiger Klavierwucht und lassen die „Lebensstürme“ daher mit dem passenden Flair einer imaginären Schubertiade durch die Aula des Wilhelmsgymnasiums wehen. Den Atem der Kunst aber spürt man deutlicher bei Schönbergs „kleinen Stücken“, Miniaturen, die die erfahrene Pianistin mit dem Ernst im interpretatorischen Gestus, dafür mit einem Schmunzeln auf den Lippen präsentiert.
Und das gilt erst recht für ein Meisterstück analytischer Empathie wie Bachs „Chaconne“ aus der 2.Partita für Solo-Violine, das in seiner Mischung aus Forschergeist und Konzentration der Formensprache zu den Meisterprüfungen der Gestaltungskraft gehört. Ziyu He hat keine Probleme, sie zu bestehen. Der am Mozarteum studierende chinesische Geiger übersetzt Bachs Experiment solistischer Vielstimmigkeit in eine hypnotisch verdichtete Stellungnahme, macht aus Gedanken Musik, deren Präsenz das Publikum in einen eigenen Kosmos zieht. Auch hier dominiert die Kraft der Reduktion, die sich dann in der Romantik eines Schumanns und noch einmal der Emphase Schuberts auflöst, auf andere Weise mit Hilfe des kantabel volltönenden Cellisten Sebastian Fritsch hell leuchtend. So kraftvoll kann Kammermusik sein, sogar im Kleinen, Feinen, Verschmitzten.