Frage eins ist die nach dem Können. Da sind junge Musiker inzwischen so weit, dass man sich kaum noch darum sorgen muss, dass ihnen die spieltechnischen Fähigkeiten und Fertigkeiten fehlen könnten. Frage zwei ist die nach dem Repertoire und da haben die amerikanischen Gäste des Klaviermarathons im Rahmen von Stars And Rising Stars eine spannende Wahl getroffen. Clayton Stephenson etwa schmetterte mit immenser Wucht den Mephistowalzer von Franz Liszt in den Flügel der Reithalle und überließ das Publikum der durchaus kantigen und vielschichtigen Bearbeitung von Strawinskis „Feuervogel“ mit dem Lächeln eines Souveräns. Maxim Lando widmete sich zwei Sätzen der zweiten Klaviersonate von Rachmaninoff ebenfalls mit dem Nachdruck eines Sinnsuchers, der sich um die Reibungsflächen des Ausdrucks sorgt.
Demgegenüber wirkte Amadeus Wiesensee mit seiner Interpretation von Schumanns C-Dur-Fantasie musikalisch ebenso brillant, aber an einigen Stellen deutlich fragiler. Das wurde auch inhaltlich unterstrichen durch den musikalischen Gastgeber des Abends, den Geiger Marc Bouchkov, der dem Romantiker die sechste Violinsonate von Ysaye vorangestellt hatte, ein Werk mit sehr futuristischen Passagen. Maximilian Haberstocks Schubert-Impromptu und Filippo Gorinis Beethovensonate Nr.31 waren wiederum ausgefeilte Darbietungen, im Kontrast zu den Komponisten des 20.Jahrhunderts und ihren jungen Pionieren ihrerseits mit Effekten zurückhaltender. Unterm Strich aber machten alle Stücke Sinn und fügten sich zu einem runden Programm zusammen. Denn ein Strawinski ist Genuß für die Conaisseure, mit Schubert und Schumann erreicht man hingegen die jungen Hörer im Publikum, die sich trotz Montag auf den Weg gemacht hatten, um drei Stunden lang zu erleben, was am Klavier alles möglich ist.