An sich ist ein Arienabend ein rätselhaftes Format. Kein Orchester, keine Inszenierung, nur einzelne Ausschnitte aus größeren Zusammenhängen werden im kammermusikalischen Rahmen präsentiert. Auf der anderen Seite ist dieser Perspektivenwechsel auch eine Chance, auf Dinge zu achten, die sonst in der Pracht oder der Interpretation der Musiktheatralik verloren gehen können. Farbe zum Beispiel stellt sich deutlich und fein justiert dar.
Julia Lezhnevas Sopran ist leuchtend, klar, im Einsatz von Vibrato und Modulationen zuweilen klanglich historisch verortet. Alice Lackners Mezzosopran hingegen wirkt im Timbre manchmal etwas eingefärbt, bekommt dadurch aber viel Kraft und Wärme in der Umsetzung des Materials. Sungmin Song wiederum ist ein Tenor mit Heldenqualitäten, wuchtig im raumgreifenden Volumen. Alle drei Stimmen changieren über den Abend im Künstlerhaus am Lenbachplatz hinweg, schillern, flirren, nehmen sich im Detail auch zurück, wenn es um kleine, luzide Nuancen geht. Alles Besonderheiten, für die die Opernbühne nicht immer Gelegenheit bietet.
Das gilt auch für die Dramaturgie des ganzen Abends. Denn neben Semion Skigin ergreift beispielsweise Vladimir Jurowski die Gelegenheit, vom Pult des Generalmusikdirektors der Münchner Staatsoper an das Klavier zu wechseln, um der kleinen Form eine Chance zu geben. Man sieht ihn lächeln beim Spiel, hört ihn vorsichtig, dezent in der Interpretation des Repertoires von Vivaldi bis Poulenc, durchaus amüsiert auch in der Umsetzung der musikalischen Zwischentöne, der Transformation seines Fachs auf den Steinway des Konzerts. Und man bekommt einmal mehr das Gefühl, was alles in dem steckt, was Komponist:innen für das Pathos großer Bühnen konzipieren.