Zum Ausklang Zauberei. Udo Wachtveitl widmet sich in zwei Episoden dem poetischen Erfindungsreichtum, einmal weit in der literarischen Ferne mit Reiseberichten des syrisch-römischen Satirikers Lukian von Samosata, der sein fiktionales Ich mit fabulierender Lust über die Meere der Antike bis zum Mond navigieren lässt, um dort mit rätselhaft mythischen, aber durchaus menschlich eigensinnigen Figuren zu agieren. Sehr viel näher, wenn auch ebenfalls im Reich der Phantasie verortet, ist wiederum der andere Protagonist, der Zauberlehrling Harry Potter, der sich in der zweiten Lesung des Abends mit den Konkurrenten des Trimagischen Turniers, den Hohlwegen eines Labyrinths und allerlei seltsamem Getier als Hindernissen auf dem Weg zum Pokal für seine Schulmannschaft auseinandersetzen muss. Es ist dabei ein Spaß, dem Schauspieler Wachtveitl beim Ausgestalten der Fiktionen zuzuhören, ebenso unaufgeregt wie beiläufig dramatisch gelesen und von schwelgender, im weiteren Sinne romantischer Musik geklammert.
Denn zur Eröffnung des aus pandemischen Gründen erneut in zwei Vorstellungen aufgeteilten Abends im Wilhelmsgymnasium stellt Maximilian Haberstock seine Hommage an die Lichtgestalten der Hoch- und Spätromantik vor, getragen von einem Hauch von Chopin und Schumann bis hin zu Strauß und einer Prise sublimiertem Brahms. Im Auftrag des Festivals entstanden, ist es eine Komprimierung klavierliterarischer Gestaltprinzipien, mit der Chuzpe eines Rising Stars an Steinway und Partitur präsentiert. Das Interludium zwischen den Lektüren gehört wiederum dem kubanischen Pianisten Jorge González Buajasán, der sich Chopins „Andante Spinato“ mit hinreißender Intensität in der Balance der dynamischen Details widmet. Und als Finale holt sein polnischer Kollegen Antoni Pikuta noch einmal weit aus und beendet den Abend und damit das letzte Konzert von Stars And Rising Stars 2020 mit der mächtigen „Polonaise-Fantasie“. Es ist ein klares Zeichen in Erwartung einer kulturellen Durststrecke, die das pandemische Gesundheitsregelwerk der Gesellschaft im November verordnet: Vergesst die Künstler nicht, schon gar nicht die jungen! Und helft, wie dieses Festival, indem Möglichkeiten geschaffen werden. Wenn nötig, mit etwas Phantasie!