Man hätte das Festival absagen können. Alle hätten es verstanden, manch einer bedauert. Aber es wäre eine Kapitulation gewesen, eine Unterordnung des Menschlichen unter die ziellose Heimtücke einer Proteinverbindung. Keine Alternative also, solange es irgendwie anders geht. Denn in dieser Hinsicht versteht Dr. Kari Kahl-Wolfsjäger keinen Spaß. Die künstlerische Leiterin des Stars And Rising Stars Festivals nimmt Kultur persönlich. Es ist ihr ein Anliegen, dass Musik in ihren klassischen Spielarten den Weg zu den Menschen findet, wenn es sein muss eben auch unter verschärften Bedingungen. Sie soll eine Perspektive für das Publikum sein und für die Künstler selbst, nicht nur für die großen Namen, die bereits ihre Position in der Konzertwelt behaupten, sondern auch für den Nachwuchs, der es trotz neuer Vermittlungsformen nicht leicht hat, gehört zu werden. Kahl-Wolfsjägers Ideal ist das der Kooperation, und so lässt sie weiterhin ihr Netzwerk spielen und bringt die Stars mit den Rising Stars zusammen, um Richtungen zu weisen, Türen zu öffnen.
Das Stars And Rising Stars Festival 2020 fand also statt, auf der Bühne als eines der wenigen klassischen Musikfestivals überhaupt in diesem sonderbaren Jahr. Es war ein Kraftakt, der die Organisatoren, das Team, die lokalen Betreiber der Veranstaltungsorte, die Künstler herausforderte. Große Podien wie das Utopia (Reithalle), das Odeon oder das Künstlerhaus am Lenbachplatz wurden bespielt, als kleinere Alternative war auch das traditionsreiche Wilhelmsgymnasium mit im Boot, mit einem hygieneverordnungstechnischen Minimum zugelassener Konzertbesucher. Die Stars kamen, Kit Armstrong und Klaus-Maria Brandauer, Daniel Hope, Maximilian Hornung, Ricarda Merbeth, Daniel Müller Schott, Arabella Steinbacher und Udo Wachtveitl. Rund 20 Rising Stars von Maximilian Haberstock, Tassilo Probst und Amadeus Wiesensee über Ron Maxim Huang und Eva Zavaro bis Heijin Kim, Elena Rummukainen und Maya Wichert gesellten sich dazu und dokumentierten das famose Gestaltungsniveau der kommende Generation.
Insgesamt konnten 8 Konzerte mit etwa 1.200 Zuhörern stattfinden, eines sogar mit Orchester. Knapp ein Drittel des Publikums zählte zur jungen Generation, was bei den bewusst klein gehaltenen Ticketpreisen zum Konzept gehört. Unter den ungewöhnlichen Bedingungen war es ein Erfolg, eine Kraftanstrengung, eigentlich eine kleine Sensation, dass am Ende doch alles trotz Verschiebungen, Beschränkungen und Zusatzauflagen zustande kam. Und für Dr. Kari Kahl-Wolfsjäger ist das auch eine Aufforderung weiterzumachen. Stars And Rising Stars 2021 ist in Planung, für 4. bis 16.Mai 2021 projektiert, womöglich mit einem Präludium am 27.März 2021. Die Zukunft im Blick.