Die Erfinder des iPads haben bestimmt nicht erwartet, dass ihr fesches Gerät eines Tages zur Standardausstattung klassischer Musiker:innen gehören würde. Beim Finale des Stars and Rising Stars Festivals sah es aber manchmal so aus, als würde es sogar angebetet. Denn auf dem Tablet lassen sich Noten praktisch präsentieren, so dass man keine Mappen mehr braucht, mit fliegenden Blättern und der einen Vorlage, die man dann doch wieder irgendwo liegen gelassen hat. Marina Rebeka und Natalie Lewis jedenfalls sangen ihr Duett aus Gioachino Rossinis „Messe solennelle“ mit aller Hingabe und das 19.Jahrhundert bekam seine Hilfe von der Technik der Gegenwart.
Das passte gut zur Operngala im Odeon, dem rekonstruierten historischen Konzertsaal in Münchens Mitte, der üblicherweise vom Bayerischen Innenministerium als Lichthof genutzt wird. Vladimir Jurowski und sein früherer Lehrer Semion Skigin leiteten abwechselnd als Pianisten durchs Programm. Die lettische Star-Sopranistin Marina Rebeka und die beiden Rising Stars, die Mezzosopranistin Natalie Lewis und der Tenor Aleksey Kursanov, sangen Arien und Lieder von Bizet bis Wagner, Verdi und Puccini.
Es war ein weites Spektrum von musikalischer Intimität bis großer theatralischer Emotion, von poetischer Feinheit bis kraftvoller Wucht. Und tatsächlich gab zwar Marina Rebeka mit strahlender Stimmkraft die Richtung vor. Die Rising Stars aber hielten mit eigener Kraft und schillernden Klangfarben dagegen. So wurde das Finale des Festivals zu einem luziden Abend der ästhetischen Erzählungen. Zu einem Erfolg für die Künstler:innen und die Kuratorin Kari Kahl-Wolfsjäger, die die vielen spannenden Kombinationen die neun Konzertabende in diesem Jahr auf den Weg gebracht und mit Noblesse vorangetrieben hat.

