Dirigieren ist ein Phänomen der Resonanz. Eine Person muss es schaffen, die abstrakten musikalischen Ideen eines anderen Menschen in einen konkreten Klangzusammenhang zu verwandeln. Die Übersetzungsleistung besteht einerseits darin, überhaupt nachvollziehen zu können, was ein oft zeitlich weit entfernter Komponist auf welche Weise hat zusammenwirken lassen wollen. Es soll aber auch eine Gemeinschaft von Menschen mit vielen individuellen Vorstellungen von Musik dazu gebracht werden, das Ganze zusammen in einer Klanggestalt zu verwirklichen. Das ist eine beträchtliche Aufgabe. Maximilian Haberstock meistert sie.
Und er ist erst 19 Jahre alt. Er kann daher nur auf ein zeitlich begrenztes Inventar an Erfahrungen zurückgreifen. Aber er hat eine genaue Vorstellung von der Musik. Maximilian Haberstock dirigiert auswendig. Er konzentriert sich darauf, seine Vorstellung von Johannes Brahms’ erster Sinfonie und von dessen Doppelkonzert für Geige und Cello auf das 56-köpfige Junge Philharmonische Orchester München im Carl-Orff-Saal des alten Gasteigs zu übertragen. Die Partitur verwandelt sich unter seiner Leitung in Energielinien, in einzelne Ströme, die er ins Ensemble schickt und wieder einfängt.
Das Spannende ist dabei auch die Kombination. Man spürt den zweifelnden Brahms in der Transformation, der Beethoven als Riesen im Kopf hat. Man merkt die damaligen Widerstände, gegen die er ankämpfte, und die Maximilian Haberstock stellvertretend darstellt und durchschreitet. Die Sinfonie war Stress für den Komponisten, das Doppelkonzert hingegen eher Spiel mit den Möglichkeiten der Geläufigkeit. Und der Cellist Daniel Müller-Schott und sein Jungkollege, der Geiger Tassilo Probst, lassen sich von dieser spätromantisch durchdrungenen Leichtigkeit mit viel Emphase mitreißen.
Sie harmonieren als klangstarke Solisten, sowohl im Gefüge des Orchesters, wie auch mit ihrer beeindruckend virtuosen Zugabe, der „Passacaglia“ von Johan Halvorsen. Und so war das fünfte Konzert von Stars and Rising Stars 2024 ein Fest der Vehemenz, von ernster Strenge des Sinfonischen bis hin zum Publikumsmagneten der opulent romantischen Spielkultur.

